5 Kreativitäts-Techniken, um auch harte Nüsse im Alleingang zu knacken
Probleme gibt es wie Sand am Meer und in jedem Lebensbereich. Mal sind sie größer mal kleiner, mal leise und mal laut.
Mein Umgang mit ihnen ist, egal wo sie angesiedelt sind als systemisch arbeitende Coachin immer gleich:
Würdigung
Ich würdige ihre Existenz: ich erkenne also erstmal an, dass da ein Problem, eine Hürde, ein Widerstand oder ein Konflikt ist. Und ich würdige auch den Druck, die Anspannung, die Wut, Trauer oder Frustration, die die Situation mit sich bringt.
Dieser Schritt ist mir wichtig, denn Wertschätzung ist ein Grundbedürfnis. Jedes erfüllte Bedürfnis unterstützt den Veränderungsprozess. Und jedes Bedürfnis, das im Mangel ist, kann Veränderungsprozesse hemmen.
Lösungsorientierung - statt Problem-Fokus
Wenn das, was gerade da ist und Ärger macht ausreichend gewürdigt wurde, wende ich mich weg vom Problem, hin zur Lösung. Sicherlich könnte ich das Problem ausgiebig analysieren, die Lupe rausholen und was „Wieso?“, „Weshalb?“ und „Warum?“ tiefergehend erörtern. Aus meiner Erfahrung bringt das leider oft nur mehr Frust und Druck und führt nicht in die Veränderung sondern in die Verhärtung der Situation.
Für das Generieren von Lösungsansätzen, Ideen und Strategien gibt es im Coaching eine Vielzahl an Methoden, um Menschen weg vom Problem, hin zur Lösung zu begleiten.
Was diese Methoden eint: sie alle sorgen dafür, dass die gewohnte Sichtweise verlassen und sich die Situation aus einer anderen Perspektive angesehen wird. Um Bewegung ins Spiel zu bringen und Veränderung anzustoßen, ändern wir den Blickwinkel, aus dem die Situation betrachtet wird oder den Kontext der Situation.
Jenseits des Beratungs-Settings
Einige Methoden, die in Coaching und Mediation genutzt werden, dienen auch in Gruppen-Prozessen, um Ideen zu generieren und weiterzuentwickeln. Was aber tun, wenn ich allein zuhause sitze, auf einem Problem rum kaue und sich die Lösung nicht zeigen will?
Kreativitätstechniken zur Lösungsfindung
Diese 5 Kreativ-Techniken funktionieren auch im Alleingang und helfen dir, neue Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln und damit in die Umsetzung zu gehen:
Wenn kreativer Freiraum dein Ding ist, oder du einen Startpunkt suchst, um Probleme zu lösen, nutze
Freies Assoziieren
Aller Anfang ist schwer. Wenn die Ideen so gar nicht purzeln wollen und du keinen Ansatzpunkt findest, schafft freies Assoziieren Abhilfe.
Das geht z.B. mit Hilfe eines Wörterbuchs:
Schlage es an einer x-beliebigen Seite auf und tippe mit geschlossenen Augen wahllos auff eine Stelle. Frag dich dann: Wie steht dieses Wort im Zusammenhang mit meiner Situation und der Lösung meines Problems?
Alternativ kannst du eine ABC-Liste nutzen.
Dafür notierst du untereinander alle Buchstaben von A-Z und notierst dir zu jedem Buchstaben Wörter, die mit dem jeweiligen Buchstaben beginnen und mit deiner Situation und deren Lösung zu tun haben.
Strukturierter Umgang gefällig? Dann nutze die
Six Thinking Hats
Die 1986 von Edward de Bono entwickelte Kreativ-Technik entstand als Alternative zum Brainstorming. Diese Technik hatte aus Sicht von de Bono nämlich einige Schwachstellen. Bei Gruppenzusammensetzung mit diversen Positionen und ähnlicher Kommunikationsstärke kann Brainstorming sehr erfolgreich sein. Sind Gruppen in ihren Positionen homogen und im Redeverhalten heterogen, ist der Ertrag von Brainstorming oft nicht sonderlich fruchtbar.
De Bonos Denkhüte schaffe da Abhilfe, denn sie laden zum parallelen Denken ein.
Nacheinander setzen alle Beteiligte zeitgleich einen der sechs Denkhüte auf. Jede Hut hat eine andere Farbe und repräsentiert eine andere Denkrichtung.
Der blaue Hut repräsentiert das strukturierte Denken. Hier wird das Big Picture betrachtet, Informationen über den Status Quo geteilt und das Vorgehen strukturiert.
Der lila Hut* steht für das analytische Denken.Unter ihm werden Zahlen, Daten, Fakten zusammengetragen und alles einbezogen, was sichtbar, hörbar und nachweisbar ist.
Im Gegensatz dazu bringt der rote Hut die subjektiven Perspektiven, unterschiedlichen Meinungen und Standpunkte in den Raum. Hier ist Platz für emotionales Denken.
Der grüne Hut ist der Innovations-Hut. Unter ihm findet assoziatives Denken, neue, innovative Ideen und kreative Vorschläge Platz. Er macht den „Alles-ist-möglich-Raum“ auf.
Für eine nachhaltige Lösung ist der orange Hut* als Kritik-Hut verantwortlich für pessimistisches, kritisches Denken. Er ist objektiv mit Fokus auf das Negative und sammeln Risiken und Einwände.
Für den optimistischen Gegenpol sorgt der gelbe Hut, der objektiv mit Fokus auf das Positive auf die Situation blickt und nach Chancen und Vorteile Ausschau hält.
Relevant für eine erfolgreiche Anwendung dieser Kreativitäts-Technik ist:
alle Beteiligen ist die Methode und die Funktion der unterschiedlichen Hüte bekannt,
jeder Hut wird mindestens 1x aufgesetzt
Die Reihenfolge dabei ist frei wählbar
Alle Beteiligten haben zeitgleich den gleichen Hut auf
Start und Abschluss mit dem blauen Hut bietet sich an
Die 6-Hüte-Methode zu nutzen, hat zur Folge, dass unterschiedlichste Denkrichtungen eingenommen werden und das Thema aus verschiedensten Perspektiven betrachtet wird.
Dadurch, dass alle Teilnehmenden zeitgleich aus der selben Perspektive auf das Thema blicken, entsteht kein „Ja, aber“-Dynamik, die weniger kommunikative Teilnehmende verunsichern könnte. Das ermöglicht, ein umfassendes Bild einzuholen und innovative Ideen und tragfähige Umsetzungsschritte zu entwicklen.
Auch im Alleingang unterstützt diese Methode ideal, verschiedene Perspektiven einzunehmen und Denkrichtungen zu nutzen, die sonst nicht deiner erste Wahl darstellen.
* De Bono nutzt die Farben weiß und schwarz, die ich aus antirassistischer Überzeugung umgefärbt habe.
Steht assoziatives Denken und Gedanken sortieren an, dann nutze
Mindmapping
Zentrum des Mindmappings ist das zentrale Thema, zu dem Du Ideen, Lösungsansätze oder mehr Klarheit suchst. Notiere es zentral auf einem großformatigen Blatt (Metaplanwand oder digitalem Tool).
Lasse deine Gedanken dann frei fließen und notiere alles, was dir zum zentralen Thema einfällt. Es könnten Stichwörter, Konzepte, Ideen, Fragen oder sogar Bilder sein. Schreibe jede Assoziation in Form eines Zweigs, der vom zentralen Thema ausgeht.
Verbinde ähnliche oder zusammengehörige Zweige miteinander, um Beziehungen zwischen den verschiedenen Assoziationen zu zeigen.
Lasse dich von den bestehenden Zweigen inspirieren, um weitere Ideen zu generieren. Verzweige weiter aus und füge neue Assoziationen hinzu, die sich aus den bereits vorhandenen ergeben.
Ordne die Zweige und Assoziationen so an, dass sie eine logische und übersichtliche Struktur bilden. Du kannst die Zweige verschieben, um die Verbindungen klarer zu machen, oder Unterkategorien erstellen, um komplexe Themen zu unterteilen.
Nutze Farben, Symbole oder Bilder, um deine Mindmap visuell ansprechender zu gestalten und wichtige Punkte hervorzuheben.
Gehe deine Mindmap gegen Ende des Prozesses noch mal durch und überprüfe, ob alle relevanten Aspekte des Themas abgedeckt sind.
Suchst du Struktur und Entfaltungsraum und kannst Lösung am einfachsten ganzheitlich angehen, dann probiere die
Walt Disney-Methode
1994 entwickelte Robert Dilts die Walt Disney-Methode zur Anwendung im Coaching, um Einzelpersonen und Gruppen darin zu unterstützen, Ideen zu entwickeln und zu überprüfen, Ziele und Visionen zu konkretisieren und alltagstauglich zu gestalten, Gespräche vorzubereiten und Entscheidungen zu treffen. Aus Coaching-Sicht die Eierlegende Wollmilchsau!
Aber auch als Kreativitätstechnik jenseits des Caochings, kann die Walt Disney-Methode punkten.
Grundlage der Methode bildet der Prozess, den Walt Disney nutzte, um Ideen zu Entwicklung und zu konkretisieren. Disney hatte sich für diesen Prozess drei unterschiedliche Räume eingerichtet, die es ihm erleichterten, jeweils eine bestimmte Denkrichtung zu nutzen und beizubehalten: die des Träumers, des Realisten und des Kritikers.
Falls du nicht wie Disney drei Räume parat hast, die du ausschließlich zum Ideen kreieren nutzen kannst, keine Sorge, das gelingt auch mit weniger Aufwand.
Je nachdem, über welchen Kanal du am leichtesten ansprechbar bist, zum Beispiel mit drei
unterschiedlich gemütlichen Stühlen, oder
klar definierten Orten in deiner Wohnung oder deinem Office, oder
verschiedenen Songs oder Playlists, oder
unterschiedlichen Bildern und
verschiedene Farben zum notieren der Gedanken
Wichtig ist, dass du stets Klarheit hast, in welchem Raum du dich befindest.
Betritt jetzt nacheinander jeden Raum - nimm also die Rolle des/der Träumer*in, Realist*in und Kritiker*in ein. Wichtig dabei ist, dass du nicht als du selbst auf Ideensuche gehst, sondern zum/zur Träumer*in, Realist*in oder Kritiker*in wirst.
Bist du der/die Träumer*in, bewegst du dich durch einen „Alles-ist-möglich-Raum“ in dem jede Idee willkommen ist, egal, wie realistisch und umsetzbar sie aussieht.
Bist du der/die Realist*in, sammelst du zu der Fragestellung:
Wie können die bisherigen Ideen in die Tat umgesetzt werden?
Bist du der/die Kritiker*in, prüfst du mit analytischem Blick, was übersehen wurde, was grundsätzlich umsetzbar wäre und was zur Umsetzung noch gebraucht wird.
Nachdem du in jedem der drei Räume Ideen gesammelt hast, entschiede, welcher Raum noch mal betreten werden sollte, um deine Idee zu finalisieren.
Wenn der Widerstand so groß ist, dass an Lösung nicht zu denken ist, versuch es mit der
Kopfstand-Methode
Die bedient sich einem systemischen Grundprinzips: “segeln statt rudern”. Wenn der Widerstand groß ist, hilft es nicht, dagegen zu halten. Statt dessen kann die Kraft des Widerstandes genutzt werden, um den Karren in Bewegung zu bringen - und zwar, indem nach dem Gegenteil dessen gesucht wird, was eigentlich angestrebt ist.
Klingt paradox. Ist es auch.
Und ebenso wirksam.
Hast du ein Problem, dass du lösen möchtest und keine Idee, wie, oder eines, dessen Lösung 1000 und eine Entscheidung verlangt, entsteht leicht Stress und Druck, wenn du dich fragst: „Wie könnte die Lösung aussehen?“
Die Kopfstand-Methode ist ein Work-around, um ohne Druck Lösungen zu finden, indem sie dazu einlädt folgende Frage zu beantworten:
„Was könntest du tun, um dafür zu sorgen, dass deine Situation noch verworrener wird?“
Antworten auf diese Frage kommen und er Regel mit großer Leichtigkeit zu dir. Sammele alle Antworten, bis die Ideen-Flut verebbt und nimm dann jede der gesammelten Ideen in den Blick und frage dich mit Fokus auf diese einzelne Idee: „Was könnte ich statt dessen tun?“ oder „Wie kann ich das verhindern?“
So entsteht ein Mosaik auf Ideen in Richtung Lösung, dass du weiter ausbauen kannst.
Mit diesen fünf Methoden hast du nun ein vielfältiges Repertoire an Werkzeugen, um deine Probleme allein anzugehen und zu lösen. Denn Lösungsideen können oft überraschend gut entstehen, wenn man sich Zeit und Raum nimmt, in dem sie entstehen dürfen.
Falls es dir leichter fällt, Ideen und Lösungen gemeinsam zu entwickeln, besteht die Möglichkeit, dein Team mit einzubeziehen und diese Prozesse gemeinsam auszuprobieren.
Alternativ kann Coaching - für dich allein - oder Team-Coaching ein Weg sein, Ideen und frischen Wind rein und dein Problem auf den Weg in Richtung Lösung zu bringen.
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